KonzepteLiteraturempfehlung

Was zeichnet ein leistungsfähiges, gutes Team aus? Und wie kommen wir dahin?

Wenn dein Team gut und stabil funktioniert, dann wirst du jetzt nicht weiterlesen. Aber bist du sicher? Vielleicht geht mehr? Mehr Energie, mehr Qualität, mehr Fokus, mehr Sinn? Gleichzeitig mehr Wertschätzung und Menschlichkeit? Trotz Performance?

Hier ein paar Gedanken über Tabus, Symptome und ein konzeptioneller Rahmen, der Dir hilft, wirklich gute Teams zu schaffen.

Die Tabus dysfunktionaler Teams

Schwierige Situation am Markt? Transformation? Mitarbeiter verlassen euch? Kunden zweifeln an Eurer Leistungsfähigkeit und Qualität? Hast Du folgende Sätze in deinem Team gehört? Oder unausgesprochen gespürt? Oder selbst als Führungskraft gedacht?

  • Darüber sprechen, bringt Unruhe ins Team. “Die” sollen einfach nur ihren Job machen können.
  • Die an der Spitze sehen die Situation nicht, oder wollen sie nicht sehen. Ich vertraue ihnen nicht mehr.
  • Die (da unten) im Team sollen mir halt einfach vertrauen.
  • Ich habe hier meinen geschützten Bereich und beobachte quasi von außen, was unsere Führungskräfte weiter machen.
  • Bei Veränderungen gibt es immer welche, die Angst haben, die wütend oder enttäuscht sind. Sind halt Mimosen.
  • Der Kunde darf nicht erfahren, was bei uns los ist.

All dies sind bittere, gefährliche Signale, auf die Du reagieren solltest. Wenn du einen dieser Sätze für Dich oder Dein Team bestätigen kannst, dann seid ihr nicht im Zustand eines “hochperformanten Teams”.

Die Verhaltensmuster dysfunktionaler Teams

Dysfunktionale Teams charakterisieren sich oft durch dadurch, dass Teammitglieder in unterschiedliche emotionale getriebene und wenig differenzierte Verhaltensmuster zurückfallen. Die Gruppendynamik nennt dies “Regression”.

Beispiele:

  • Rückzug: Einzelne Teammitglieder ziehen sich zurück und vermeiden den Kontakt zu anderen. Dies kann dazu führen, dass wichtige Informationen nicht ausgetauscht werden und die Zusammenarbeit behindert wird.
  • Abhängigkeit von einer Führungsperson: Teammitglieder überlassen alle Entscheidungen und Verantwortlichkeiten einer einzelnen Person und verhalten sich passiv und abhängig. Dies kann dazu führen, dass das Team nicht seine volle Leistungsfähigkeit entfalten kann und die Führungsperson überfordert wird.
  • Konflikte und Machtkämpfe: Teammitglieder geraten in Konflikte und Machtkämpfe, die von emotionalen Reaktionen und weniger von sachlichen Argumenten geleitet werden. Dies kann zu einer negativen Gruppendynamik führen und die Zusammenarbeit erschweren.
  • Gruppendenken: Teammitglieder passen sich in ihrer Meinung und ihrem Verhalten der Mehrheit an, um dazuzugehören und akzeptiert zu werden. Dies kann dazu führen, dass wichtige kritische Stimmen nicht gehört werden und schlechte Entscheidungen getroffen werden.
  • Übermäßiger Optimismus oder Pessimismus: Teammitglieder neigen dazu, entweder übermäßig optimistisch oder pessimistisch zu sein, was zu einer verzerrten Wahrnehmung der Realität führen kann. Dies kann dazu führen, dass das Team nicht realistisch plant und Entscheidungen trifft.

Diese Verhaltensmuster können zu Konflikten, mangelnder Produktivität und einer negativen Gruppendynamik führen – sie sabotieren hochperformante Teams und sind klarer Indikator für Handlungsbedarf.

Stattdessen: Lencioni – die Vision eines hochperformanten Teams

Betrachten wir hochperformante Teams von der anderen Seite – davon, was sie auszeichnet und was konkret dysfunktionalen Teams fehlt. Wir nutzen in unserer Arbeit dazu gerne die “5 Dysfunktionen von Teams”, ein von Lencioni entwickeltes Konzept (“The Five Dysfunctions of a Team”).

Dysfunktion 1: Mangelndes Vertrauen

Bei mangelndem Vertrauen gehen Teammitglieder nicht mehr von gegenseitigem Wohlwollen aus. Sie teilen keine Informationen und gehen nicht mehr in Vorleistung. Der Kommunikationsfluss ist gestört, die Zusammenarbeit im Team schlecht. Fehler werden weder angesprochen noch zugegeben. Schwächen nicht eingestanden und gegenseitige Hilfe eingefordert und gegeben. Die Teammitglieder erkennen die Fähigkeiten und das Fachwissen der anderen Mitglieder nicht an und nutzen sie nicht.

Mangelndes Vertrauen ist wie Sand im Getriebe, alles wird langsam und aufwändig. Kollegen schreiben Ereignisprotokolle, um sich abzusichern, Politik und Taktieren wird wichtiger als Arbeit. Synergien im Team können nicht gehoben werden, Fehler nicht oder nur zu spät erkannt und beseitigt. Die Qualität der Ergebnisse und die Leistungsfähigkeit des Teams sinkt.

In einem hochperformanten Teams herrscht stattdessen hohes Vertrauen auf der Beziehungsebene. Das Team ist sich über Stärken und Schwächen der jeweiligen Teammitglieder bewusst und kann diese optimal ausspielen resp. damit umgehen. Verletzlichkeit zeigen ist möglich – und hat positive Wirkung auf Gesamtebene. Fehler werden offen erkannt und adressiert, und zwar ohne Kollegen abzuwerten, schlecht zu reden oder gar zu intrigieren.

Vertrauen ist dann kein Selbstzweck sondern das Mittel, andere, neue Perspektiven einzunehmen, optimale Entscheidungen zu treffen und optimale Aufgabenverteilung zu erreichen sowie vor allem klar und radikal von Dogmen, Tabus und individuelle Glaubenssätze als Entscheidungsgrundlage wegzukommen.

Dysfunktion 2: Mangelnde Konfliktfähigkeit

Angst vor Konflikt lähmt den offenen Austausch und die Beschäftigung mit grundlegenden Herausforderungen und Problemen. Eine oberflächliche und bröcklige Harmonie deckt die offene Diskussion zu, Dogmen, Tabus und Macht dominieren die Kommunikation. Schlechte Entscheidungen sind die Folge. Lencioni ist Fan von Konflikt. Je mehr es davon gibt, desto besser für ein Team.

In einem hochperformanten Team werden Konflikte aktiv und bewusst angegangen, leidenschaftlich und ohne Denkverbote. Allerdings auf wertschätzende, respektvolle Weise, ohne Ersatzdiskussionen (“Kollege xy bringt es ja eh nicht”). Meinungsverschiedenheiten und konstruktiver, inhaltlicher Streit werden geschätzt und geradezu gesucht. Unpopuläre Meinungen sind OK, Meinungen der anderen Teammitglieder werden aktiv eingeholt, in der Kommunikation wird aktiv zugehört.

Dies führt zu einer tabufreien, offenen, intensiven und ergebnisorientierten Kommunikation im Team, bei der nicht Dogma oder Macht, sondern die für das Team beste Entscheidung getroffen wird. Abweichende, neue Perspektiven werden aktiv gesucht und eingenommen, hierdurch kann Neues für das Team entstehen (inhaltlich neues, neue Organisation & Prozesse, neues Miteinander). Das Team lebt und entwickelt sich weiter.

Aus respektvollem, leidenschaftlichen Konflikten entstehen die besten Entscheidungen ebenso werden Beziehungen tatsächlich gestärkt.

Übrigens ist Vertrauen (Dysfunktion 1) eine notwendige Grundlage dafür, dass ein respektvoller, leidenschaftlicher Umgang mit Konflikte erst entstehen kann!

Dysfunktion 3: Mangelndes Commitment

Das dysfunktionale Team drängt eben nicht darauf, dass Entscheidungen klar getroffen, Beschlüsse gefasst und kommuniziert und nächste Schritte vereinbart werden. Sollten doch Entscheidungen getroffen werden und Ziele festgelegt werden, dann legen sich Teammitglieder individuell nicht klar auf diese Ziele und Entscheidungen fest. Zweideutigkeit und Ambivalenz sind im Raum.

Unverbindlichkeit und Eigennutz dominieren und das Team setzt Entscheidungen nicht um. Das verärgert und vertreibt gute Teammitglieder, die Stars. Stattdessen prosperieren Trittbrettfahrern mit sozialem “Faulenzen” auf Kosten anderer, was wiederum zu Gegenreaktionen führt. An Kooperation, Zusammenarbeit und Teamleistung ist dann nicht mehr zu denken.

In einem hochperformanten Team trifft das Team klare Entscheidungen, auch bei ggf. nicht perfekten Informationen. Diskussionen werden grundsätzlich damit abgeschlossen, dass Beschlüssen getroffen und nächsten Schritte vereinbart werden.

Teammitglieder halten sich an diese Entscheidungen, auch wenn sie ggf. individuell nicht einverstanden waren und setzen die vereinbarten nächsten Schritte um. Sie verfolgen konsequent die Ziele des Teams und nicht Partikularinteressen. Trittbrettfahrer haben wenig Chancen, sie müssen selbst klar Verantwortung für die Umsetzung der Entscheidungen und für ihre Aufgaben übernehmen.

Commitment führt schlicht und ergreifend dazu, dass Dinge umgesetzt werden. Und daneben zu viel Klarheit, Fokus und viel stärkeren “Ichs” im “wir” des Teams. Zu mehr Energie, mehr Motivation, mehr Mitarbeiterbindung.

Auch für Dysfunktion 3 gilt – die beiden vorherigen Ebenen – hohes Vertrauen und Konfliktfähigkeit sind die Grundlage für gute Entscheidungsfindung, Klarheit Übereinstimmung der Ziele und individuelles Commitment.

Dysfunktion 4: Mangel an gegenseitiger Verantwortung

In einem dysfunktionalen Team gibt es keine klaren gegenseitig akzeptieren und überwachten Verantwortlichkeiten. In der Folge sehen die Teammitglieder schweigend zu, wie andere ihre Aufgaben nicht oder nur nachlässig erfüllen. Man nimmt sich nicht gegenseitig in die Pflicht. Jeder handelt, wie es ihm persönlich am besten liegt. Eine fehlende Rollenverteilung kann zu dieser Situatoin beitragen. Teammitglieder lernen wenig voneinander.

Hochperformante Teams nutzen die Chancen, die unterschiedliche Außen- und Innensichten im Team auf die Arbeit, die Performance des Einzelnen liefern. Solche Teams haben klare Standards. Abweichungen zu diesen Standards – oder Gelegenheiten zu höherer Performace – werden proaktiv, offen, respektvoll und wertschätzend adressiert. Rollenverteilungen sind klar, Teammitglieder nutzen sich gegenseitig um sich weiterzuentwickeln. Versprechungen und Verpflichtungen werden eingehalten.

Auf diesem Level entsteht kontinuierliche, respektvolle Feinabstimmung und -ausrichtung des Teams, entsteht ein echtes, dynamisch optimiertes “wir” und entsteht Lernen und Weiterentwicklung.

Auch für Dysfunktion 4 gilt: die Erarbeitung einer guten Basis in den Dysfunktionen 1 bis 3 ist notwendige Grundlage dafür, dass die gewünschte Offenheit in der Dynamik innerhalb des Teams entstehen kann.

Dysfunktion 5: Mangel an Ergebnisorientierung

Die fünfte und letzte Dysfunktion ist der Mangel an Ergebnisorientierung. Teammitglieder orientieren sich an persönlichen Zielen – aber nicht an denen des Teams. Status und Ego dominieren. Die Leistungen und Ergebnisse des Teams sind den Mitgliedernnicht wichtig, es gibt keine klaren Standards.

Aus wissenschaftlicher Sicht verbergen sich hinter diesem Phänomen soziale Normen. In manchen Teams haben sich Verhaltensweisen als „normal“ etabliert, die sehr ungünstig sind: Schlechte Behandlung von Kunden, Missachtung von Sicherheitsvorschriften, wenig wertschätzende Kommunikation im Team untereinander, niedrige Arbeitsleistung, keine Anstrengungen zu Verbesserung oder Weiterbildung.

Hochperformanten Teams haben sich durch die Ebenen Vertrauen, leidenschaftliche, respektvolle Konflikte, individuelles Commitment und gegenseitiges In-die-Verantwortung-enehmen gearbeitet. Teamziele sind klar und dominieren Handeln und Denken, kollektiver Erfolg ist wichtiger als individueller Erfolg. Wie wichtig Teammitglieder Ergebnisse anderer werten und wie wenig wichtig Ihnen die individuelle Anerkennung ihrer Leistungen ist – das sind Symptome.

Ergebnisorientierung stärkt das “wir” des Teams und stellt einheitliche, harmonisierte Ziele sicher.

Schließlich ist festzuhalten, dass die Ebene 5 meist automatisch entsteht, wenn die vorherigen Ebenen mit hoher Disziplin und Konsequenz bearbeitet werden. Auf Ebene 5 können sozusagen die Früchte des Erfolgs, und zwar des Teams (!), geerntet werden.

Wie geht es weiter?

Aus den beschriebenen Dysfunktionen heraus wird für jedes Team individuell das Verbesserungspotential deutlich. Um an den einzelnen Ebenen konstruktiv und wirksam zu arbeiten gibt es sehr unterschiedliche Interventionen in der Organisationsentwicklung und im Teamcoaching. Auch Lencioni bringt die eine oder andere Idee ein, wie Führungskräfte und Teams mit den jeweiligen Störungen umgehen sollen.

Insbesondere nimmt Lencioni die Führungskraft oder die Führungskräfte des Teams in die Verantwortung und fordert von diesen ein sehr sehr hohes Niveau und disziplinierten Fokus auf: kein Politisieren, kein Intrigieren, Respekt, leidenschaftliche Konflikte, klare und umgesetzte Enscheidungen, gegenseitiges Challengen und Fokus auf kollektiven Zielen. Dann entsteht das hochperformante Team quasi von selbst.

WIr empfehlen also in einem gemeinsamen Prozess auf Ebene der Führungskräfte und des Teams – mit oder ohne externe Begleitung – die Ursachen für der jeweiligen Dysfunktionen zu erkennen und zu bearbeiten und zu mehr konsequenter Disziplin in o.g. Punkten zu kommen. Instrumente sind Coachings für das Team insgesamt, für das Führungsteam und ggf. individuelles Coaching v.a. der Führungskräfte, ggf. der Teammitglieder.

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