Gefühle sind unsere wichtigste Antriebskraft, ob wir wollen oder nicht. Gefühle bringen Kraft und Energie (“fight”), blockieren (“freeze”) und oder lassen uns wichtige, zu klärende Situationen fliehen (“flight”).
Gefühle sind uns nicht immer zugänglich. Wir meinen manchmal, wir seien vor ihnen gefeit, aber im Unbewussten sammeln wir – bis es explodiert. Dies zeigt das Beitragsbild zu diesem Beitrag sehr schön!
Hier einige gesammelte Gedanken zum Thema Gefühle aus unserer Coachingpraxis. Diese Gedanken sind nicht immer widerspruchsfrei, das geben wir zu. Dies entspricht der Natur unserer Gefühle!
Die vertrackten Zwiebelschalen unserer Gefühle
Gefühle verdecken einander in unserer Wahrnehmung. Manchmal spüren wir Wut, aber dahinter liegt etwas anderes. Marcus Köhnlein hat das wunderbare Bild zu diesem Beitrag auf LinkedIn gepostet. Er erklärt schön, das hinter der Wut – und anderen starken Gefühlen oft Angst steht. Angst vor Verletzung, vor Nicht-Sein, vor Nicht-Akzeptiert sein. Oder auch Scham.
Wut kann – aber muss nicht (!) – eine Zwiebelschale über der Angst oder Scham sein. Anhaltende Wut maskiert oft “Tieferes”. Und manchmal ist diese tiefere Angst oder Scham für uns bewusst nicht direkt zugänglich. Wir täuschen uns selbst – spüren Wut und geben uns die Angst nicht zu.
Angst kann uns im Beruflichen und Privaten versteinern oder Aggressionen hervorrufen. Manchmal wird unsere Angst ausgelöst von tieferen Glaubenssätzen, manchmal von konkreten Personen – Kollegen, Führungskräften. Manchmal von Situationen, wie beispielsweise das nächste Gespräch mit einem schwierigen Kunden.
Wir sind dann blockiert, verlieren Souveränität und Schlagfertigkeit, werden klein – oder auch aggressiv. Alles Verhaltensmuster, die uns nicht weiterhelfen. Werden wir nun wütend auf unsere Wut, auf unsere Angst hilft uns das auch nicht weiter – ganz im Gegenteil.
Oft lösen Angst und Scham – ebenso wie die oft darüber liegende Wut Muster in uns aus. Übernehmen diese Muster die “Macht” über Dich, dann überträgst Du unbewusst vielleicht deine unterschwellige Angst oder Scham auf andere, Du überträgst Angst oder Scham und nimmst Energie.
Wenn Du Muster verändern willst, besser mit Angst und Scham umgehen willst und zu mehr Ruhe und Zufriedenheit kommen willst, dann ist der erste Schritt dazu zu verstehen, was tatsächlich in Dir passiert.
Ein paar Gedanken für Deinen Weg dahin:
- Lass zu, lass die Wut – und andere Emotionen – durch dich fließen. Beobachte was durch dich fließt und akzeptiere sie. Sie ist gut, sie hat einen Zweck. Beobachte einfach, versuche nicht, sie zu unterdrücken.
- Beobachte weiter – und du wirst sehr bald mehr und mehr die Emotionen hinter deinem Ärger entdecken.
- Beobachte noch weiter – und spüre schon bald viel früher, welche Emotionen sich unter der Oberfläche, unter der Wut, verbergen. Beobachte die Trigger-Mechanismen.
- Beobachte – lass es geschehen, beobachte – lass es geschehen.
Und – sei Dir bewusst, dass Wut nicht automatisch schlecht ist. Sie gibt Dir Kraft, Energie. Du kannst sie positiv als Kraft für Dich und Dein Umfeld nutzen.
Ich war einfach wütend und impulsiv! So bin ich halt!
Kennst du das? Du hast Ärger mit deinem Partner, Wut kocht hoch, du hast mal schnell eine impulsive Nachricht an ihn geschrieben, ihn angefaucht – und es danach bereut? Oder auch nicht und gesagt … “so bin ich eben”?
Eine Übung, alternativ zur oben beschriebene fast meditative Achtsamkeitsübung – etwas pragmatischer, um besser zu verstehen, was in solchen Momenten in dir passiert habe ich aus dem “Die Kunst sich selbst auszuhalten” von Michael Bordt.
Spürst du starke Emotionen aufsteigen? Nimm dir in solchen Momenten eine Sekunde Zeit und beantworte dir folgende drei Fragen. Versuche dabei nicht dich zu verändern oder dich selbst zu ‘beherrschen’. Sei nur achtsam und aufmerksam, was in dir vorgeht.
1️⃣ Worauf bezieht sich mein Gefühl? Die Frage scheint in unserem Beispiel trivial zu sein. Natürlich ist es der Partner, auf den sich die Wut bezieht …, oder? Sicher? Ist es nicht vielleicht der Chef, der einen den Tag über genervt hat? Oder die Mutter, die kontrollieren möchte? Und das “erlaubte” Ventil ist dein Partner?
2️⃣ Welches Gefühl habe ich eigentlich? Natürlich auch eine triviale Frage. Es ist Wut. Oder vielleicht doch Angst? Trauer? Spüre in dich hinein. Du wirst entdecken, dass es in dir eher ‘erlaubte’ Gefühle gibt und eher ‘verbotene’ Gefühle. Von mir selbst – und meinen Coachees – kenne ich, dass Ärger und Wut oft eine tiefe, unerlaubte Trauer oder Angst verdeckt.
3️⃣ Warum habe ich das Gefühl? Gefühle entstehen, wenn du eine Situation positiv oder negativ bewertest. Wenn Bedürfnisse erfüllt werden – oder nicht. Spüre in dich hinein, woher die Wertung der Situation resultiert. Betrachte deinen Emotionen. Betrachte bei negativer Bewertung auch das positive dahinter. Vielleicht ist dir die Beziehung so viel wert, du willst unbedingt kämpfen? Toll!
Probiere es mal einfach aus. Spüre in dich hinein, berichte gerne zurück, wie es dir damit ergangen ist.
Warum bin ich so impulsiv? Warum explodiere ich?
Nun noch einen Schritt tiefer – lass uns die Mechanismen hinter den oben beschriebenen “Muster” verstehen.
Du siehst einen Auslöser, und Wut, Ärger oder Enttäuschung kocht in Dir hoch. Du wirst impulsiv, du explodierst, vielleicht wirst du verletzend oder erniedrigend. Und manchmal ärgerst Du Dich dann später, dass Deine Emotionen, Deine Wut die Kontrolle über Dich übernommen hat. Du “hättest es ja auch anders sagen können”.
Was braucht es für solche Explosionen? Was passiert in Dir? Und was kannst Du dagegen tun? Die Neurowissenschaft ebenso wie die unserem Coaching zugrundeliegende Therapieschule kennt hier (vereinfacht) drei Zutaten:
Erste Zutat: Das Muster (“Drehbuch”) für Deinen inneren Autopiloten
Die erste Zutat ist ein Drehbuch für Deinen inneren Autopiloten: Wenn erstens das und das passiert, dann entstehen zweitens die und die Emotionen und drittens: Du explodierst. Je stärker die Explosionen, desto tiefer ist dein Drehbuch im Unterbewussten verankert, und desto impulsiver Deine Reaktion.
Aus der Coachingpraxis: Vielleicht kennst Du Deine Drehbücher schon recht gut. Dennoch streben wir an, dass Du genauer verstehst, wie und wie schnell Dein Drehbuch abläuft. Und wir arbeiten daran, dass Du die Warnzeichen vor dem Auslösen des Drehbuchs erkennst – und dann ggf. anders reagieren kannst oder das Auslösen Deines Drehbuchs vermeiden kannst.
Zweite Zutat: Der tiefere, emotionale Grund Deines Drehbuchs
Die zweite Zutat ist ein tieferer, emotionaler Grund, wegen dem das Drehbuch abläuft. Ein “Andernfalls”, d.h. wenn das und das passiert und ich nicht … dann geschieht mit mir das und das. In allen Fällen, die wir kennen, ist dieser Grund tiefliegende, manchmal verdrängte Angst. Angst vor Verlust, vor Verletzung, vor Erniedrigung usw. Oft verdeckt die Explosion die tiefliegende Angst. Gründe für Drehbücher wurden meist in der Kindheit und Jugend sehr solide in uns verankert.
Aus der Coachingpraxis: Die emotionalen Gründe für Deine Drehbücher zu verstehen ist deutlich schwieriger, als das Drehbuch selbst zu analysieren. Hier geht es uns im Coaching darum, mit Dir Deine tiefliegende Glaubenssätze und existentiellen Emotionen zu verstehen. Wenn Du nachhaltige Verhaltensänderungen anstrebst, dann führt kein Weg daran vorbei, dass Du mit Deinen Glaubenssätzen und Emotionen in Kontakt kommst und diese aufarbeitest. Zumindest die Glaubenssätze und Emotionen, die hinter den Explosionen liegen.
Dritte Zutat: Das Fehlen eines “Plan Bs”
Die dritte Zutat ist – ein Fehlen. Ein Fehlen eines in Deinem Gehirn verankerten “Plan Bs”. Ein wirklich geübtes alternatives, besseres Drehbuch. Wenn Deine Auslöser zuschlagen – und Du das erkennst – dann könntest du dann selbst entscheiden, den einen oder anderen “Plan B” zu aktivieren. Und damit würdest Du Deine Ziele vielleicht sogar noch besser verfolgen, ohne zu verletzen und zu erniedrigen.
Auch diesen Schritt begleiten wir im Coaching. Wir entwickeln mit Dir einen oder mehrere geeignete “Plan B” – und alles was es dazu braucht (Selbstbewusstsein, Ruhe, einfache, klare Worte usw.). Wir helfen Dir, diesen “Plan B” einzuüben – zunächst in einfachen Situationen, dann in immer schwereren, kritischen, dynamischen Situationen. “Plan B” ersetzt dann Dein ursprüngliches Drehbuch.
Fazit:
I. Zu den drei Zutaten eines starken, explosiven Drehbuchs gehören auch drei Schritte in der Persönlichkeitsentwicklung: Drehbuch verstehen, emotionale Hintergründe verstehen und aufzuarbeiten, Plan-B entwickeln und verankern.
Ein starkes, explosives Drehbuch ist nicht an einem Tag verändert. Und: für die drei beschriebenen Schritte solltest Du Dir Ruhe und Zeit nehmen.
II. Wenn Du Dir aber diese Ruhe und Zeit nimmst, dann wirst du mit der Zeit als veränderter Mensch aus diesem Prozess kommen. Du bist dann – meine persönliche Erfahrung – gestärkt, selbstbewusster, reifer, ruhiger und zufriedener.
Aber jetzt MUSS mich immer selbst beherrschen!!! Will ich das?
Funktioniert das? Sich immer beherrschen zu MÜSSEN. MUSS ich das immer? WILL ich das? Unsere Antwort als Coaches ist klar: nein. Beherrschung ist Kontrolle, ist Macht. Starke, tiefe Emotionen kommen aus tiefen Schichten, aus Anteilen deiner Persönlichkeit, die zu deinem Ich ebenso beitragen wollen und dürfen, wie deine rationalen Anteile.
Das bereits rezensierte und empfehlenswerte Büchlein “Die Kunst sich selbst auszuhalten” von Michael Bordt beschreibt den Unterschied von Selbstbeherrschung und Selbstwahrnehmung.
Emotionen? Weg damit! Impulsive Reaktionen? Nicht erwachsen! Angst, Trauer, Einsamkeit – lieber nicht zulassen. Selbstbeherrschung verdrängt, mauert ein, verbietet ungewünschte Anteile deiner Persönlichkeit. Und irgendwann brechen diese Anteile in dir wieder frei.
Selbstwahrnehmung plädiert dagegen dafür, dass du zulässt, beobachtest, wahrnimmst. Und zwar in echter Tiefe. Hierzu habe ich im letzten Post ja bereits eine kleine Übung vorgestellt: “die drei Fragen” – gerne nachlesen!
Selbstwahrnehmung bedeutet übrigens nicht, dass du jede impulsive Reaktion sofort zulässt. Stattdessen entwickelst du Wertschätzung für die unterschiedlichen Anteile deiner Persönlichkeit. Hörst achtsam zu. Und triffst dann in innerer Freiheit eine souveräne Entscheidung wie du reagieren möchtest.
Dieser Unterschied zwischen Selbstwahrnehmung und Selbstbeherrschung ist wesentlich für unser Coaching. Wir helfen dir, dich besser wahrzunehmen. Wir helfen dir, auch die emotionaleren Anteile von dir zu sehen, zuzulassen und somit ‘ganz’ zu werden. Wir wissen, dass Selbstbeherrschung früher oder später immer scheitert – und nicht der Weg ist zu deiner echten inneren Freiheit.
Und weiter?
Treiben oder blockieren dich Gefühle? Ängste? Wut? Verzweiflung? Willst Du zur Ruhe kommen? Kraft und Sicherheit suchen und finden? Deine Gefühle und Muster verstehen? Verändern?
Gerne begleiten wir Dich! Suche Dir doch einfach hier einen Termin für ein unverbindliches, kostenfreies Erstgespräch.