Das wäre schön
Habt Ihr in Eurem Unternehmen, in Eurem Team, im Privaten eine gute Kommunikation? Beherrscht Ihr also die Kunst der Kommunikation?
Wenn ja, dann bauen sich keine destruktiven Spannungen auf, dann gibt es keine toxischen Reibungsverluste in deinem Team. Dann löst das vertrauensvolle “Miteinander” das feindliche “Gegeneinander” ab. Dann bist du und dein Team in der Lage, das “Große” zu sehen, neue Wege zu erkennen und gemeinsam zu gestalten.
Stattdessen
Tatsächlich begegnet uns dysfunktionale Kommunikation tagtäglich, im Beruflichen wie im Privaten. Du kennst vielleicht:
- Mangelnde Klarheit: Menschen senden aus verschiedensten Gründen unklare Botschaften; unklar auf inhaltlicher Ebene oder auf der Ebene der dahinter liegenden, unausgesprochenen tieferen Bedeutungen oder Emotionen.
- Botschaften werden nicht angenommen: Botschaften werden die Empfänger konsequent, bewusst oder unbewusst ausgefiltert. Empfänger der Kommunikation sind gedanklich in “ihrer Welt”.
- Destruktive Dominanz: Eine Führungskraft dominiert die Kommunikation. Echte konstruktive, leidenschaftliche Gespräche werden erstickt, andere, neue Perspektiven auf die Themen verdrängt.
- Ersatzdiskussionen: Hinter einem scheinbar rationalen, inhaltlichen und leidenschaftlichen Dialog liegen andere Themen, unausgesprochene Wünsche und Visionen oder Emotionen (Wut, Frust, Enttäuschung oder Angst).
- Wiederkehrendes Aufwärmen: Teams diskutieren um notwendige Themen herum. Getroffene Entscheidungen werden immer wieder aufgewärmt.
Die Gründe für solche dysfunktionale Kommunikation sind vielfältig. Es kann daran liegen, dass die Grundlagen erfolgreicher Kommunikation nicht gelebt werden. Es können aber auch strukturelle oder emotionale, tiefer liegende Gründe sein, bspw. eine Angst, Verantwortung zu nehmen, Wut, Frustration wegen Erlebnissen aus der Vergangenheit des Unternehmens oder Teams, persönliche Enttäuschungen u.v.m.
- Das wäre schön
- Stattdessen
- Und jetzt?
- 1️⃣ Schafft einen sicheren Raum der Kommunikation!
- 2️⃣ Lernt Kommunikation – individuell, bilateral und im Team
- 3️⃣ Wie sehen eure Muster der Kommunikation aus? Was wollt Ihr verändern?
- 4️⃣ Was sind strukturelle “Fallen” Eurer Kommunikation?
- 5️⃣ Kunst der Kommunikation – wie könnt ihr dies als Führungskraft und Team bewusst gestalten?
- Und wie geht es jetzt weiter?
Und jetzt?
Für diese Probleme eine Lösung zu finden ist nicht schwer. Es bedeutet einfach, dass Führungskräfte und Teams mehr kennenlernen und anwenden sollten als nur das viel zitierte und wichtige “aktive Zuhören”. Die Kommunikation systematisch zu verbessern führt zu viel mehr Zusammenhalt, Spaß, Energie und schlussendlich Erfolg im Team.
Wir schlagen Euch einen Entwicklungsprozess entlang von 5 systematischen Schritten vor, basierend auf langjährig erprobten Ansätzen von William Isaacs (“Die Kunst gemeinsam zu denken“):
- 1️⃣ Schafft einen sicheren Raum für die Kommunikation
- 2️⃣ Lernt Kommunikation – individuell, bilateral und im Team
- 3️⃣ Wie sehen eure Muster der Kommunikation aus? Was wollt Ihr verändern?
- 4️⃣ Versteht, wie euer “Ökosystem” (Team, Umfeld, Geschichte, Vision) eure Kommunikation beeinflusst
- 5️⃣ Kunst der Kommunikation – wie könnt ihr dies als Führungskraft und Team bewusst gestalten?
Hierzu einige Gedanken und Erfahrungen aus unserer Praxis.
1️⃣ Schafft einen sicheren Raum der Kommunikation!
Wann kann gute Kommunikation entstehen? Oder: was ist gute Kommunikation? Gute Kommunikation basiert unserer Meinung nach auf Vertrauen – Vertrauen auf der Beziehungsebene.
Vertrauen ist die Sicherheit, dass mein Gegenüber Ausgesprochenes nicht gegen mich verwendet. Vertrauen ist die Sicherheit, kontroverse Dinge leidenschaftlich aussprechen zu können, ohne bestraft zu werden. Und anders herum, die Erlaubnis an sich selbst, abweichende, leidenschaftlich vorgetragene Botschaften wahrzunehmen, zu respektieren und zu betrachten. Erst dieses Vertrauen ermöglicht einen sicheren Raum der Kommunikation.
Der Gedanke des ‘sicheren Raumes’ ist so grundsätzlich, dass er bei vielen Autoren und in vielen Coachings und Trainings wieder auftaucht, sei es bei Simon Sinek als “Circle of Safety”, sei es bei Lencioni (5 Dysfunktionen eines Teams) als Vertrauen und Konfliktfähigkeit.
Vertrauen und Wertschätzung zu schaffen sind eigene Entwicklungsschritte eines Teams. Manchmal werden wir gebeten, die Kommunikation von oben zu heilen. Wir hören dann achtsam zu – und empfehlen, sich zunächst mit dem gegenseitigen Vertrauen im Team zu beschäftigen.
2️⃣ Lernt Kommunikation – individuell, bilateral und im Team
Ist ein sicher Raum für die Kommunikation geschaffen, dann kann sich das Team im nächsten Schritt mit den Grundlagen der Kommunikation beschäftigen. Es geht es um Erfahrungen, Muster und Glaubenssätze in der Kommunikation. Und darum, wie diese Muster zum Guten hin verändert werden können.
Wir empfehlen Euch – arbeitet in folgenden vier Schritten (wiederum angelehnt an Isaacs):
- Wahrnehmen (“Listening“) – Nehmen wir das Thema auf allen Ebenen wahr? Sind wir achtsam auf der Sachebene, aber auch für Bedeutungen, für Emotionen, für Macht? Haben wir organisatorische Aspekte im Blick? Was geht in uns selbst vor, wenn wir etwas Unangenehmes, Irritierendes wahrnehmen? Was sind Störungen in der Wahrnehmung im Team und was ist dahinter?
- Wertschätzen (“Respecting“) – Wie ist die gegenseitige Wertschätzung in der Kommunikation? Die für mich selbst? Und für die anderen? Für das Team? Bin ich sehr schnell beim Erklären und Beurteilen? Oder schaffe ich es, unabhängig zu beobachten und wahrzunehmen? Sehe ich auch meine eigenen Anteile?
- Innehalten (“Suspending“) – Gelingt es mir persönlich und uns im Gespräch innezuhalten und neue Perspektiven zuzulassen? Oder ist ‘die Wahrheit’ gesetzt? Erlaube ich, das etwas Neues entstehen kann? Kann ich mich selbst zurücknehmen? Wenn nein – warum eigentlich? Erschweren persönliche Themen die Kommunikation? Frage ich: fehlt etwas? Übersehe ich etwas?
- Aussprechen (“Voicing“) – Wie gehe ich damit um, neue Gedanken, Überlegungen, Visionen “in die Welt” zu setzen? Zensiere ich mich selbst? Oder schaffe ich es, mutig Dinge auszusprechen? Zu neuem beizutragen? Dominiere ich andere?
Diese vier Schritte bauen aufeinander auf und bedingen sich. Besseres Wahrnehmen beispielsweise führt zu mehr Respekt und Wertschätzung im Team, zu mehr Perspektiven auf das Thema, im Innehalten vielleicht zu ganz neuen, bahnbrechenden Lösungen und zu klarerer, fokussierterer Aussprache.
3️⃣ Wie sehen eure Muster der Kommunikation aus? Was wollt Ihr verändern?
Hat das Team die Grundlagen der Kommunikation gelernt und geübt, geht es im nächsten Schritt der Entwicklung darum, dem Team transparent zu machen, welche Muster die tägliche Kommunikation beeinflussen. Es geht darum, die tagtäglich eingeübten Kommunikationsfallen zu erkennen und auszuräumen:
- Wie authentisch ist die Kommunikation? Gibt es einen Unterschied zwischen “walk” (Handeln) und “talk” (Reden)? Und warum sabotiert so ein Unterschied jegliche gute Kommunikation? Und wie geht es stattdessen?
- Wie stark dominiert das eher dominante “Durchsetzen” gegenüber dem eher offenen, explorierenden “Lernen” in der Kommunikation? Und warum? Und wie könnt Ihr damit umgehen, dass unterschiedliche Sprachen zu dysfunktionaler Kommunikation führen? Wie findet ihr für euch und situationsspezifisch die richtige Balance?
- Wer spielt welche Rolle in der Kommunikation im Team? Wer ist eher der Macher, wer sind Unterstützer? Wer ist in der Opposition? Und wer auf der Seitenlinie? Und warum? Wie stärkt es Euch, diese Rollen transparent zu machen? Wie erkennt ihr dysfunktionale Extremausprägungen dieser Rollen (bspw. der “toxische Saboteur”) und geht damit um?
- Welche Glaubenssätze und Tabus beeinflussen Eure Kommunikation? Individuell und im Team? Was beeinflusst noch Euer Vertrauen, Euer Lernen und Euer Handeln?
Es geht also jetzt intensiver um die Identität des Teams, der Organisation. Vielleicht entsteht hier mehr Ruhe, und mehr Energie nach Vorne. Und vielleicht auch Mut, etwas Neues entstehen zu lassen.
4️⃣ Was sind strukturelle “Fallen” Eurer Kommunikation?
In einem weiterer Schritt geht es darum, strukturelle Aspekte der Kommunikation zu erkennen. Dies beinhaltet alle expliziten und impliziten, formellen und informellen Rahmenbedingungen, Konventionen, Gewohnheiten, die Inhalt, Form und Atmosphäre der Kommunikation beeinflussen:
- Welche Themen werden wo besprochen? Wo entschieden? Gibt es um die Organisation der Kommunikation herum Unklarheiten? Fühlen sich die, die Entscheidungen umsetzen müssen, ausgegrenzt? Frustriert? Nicht gehört? Wie konsistent sind Orte der Kommunikation und Orte der Entscheidungen?
- Wer in der Organisation fühlt sich als Träger von “Bedeutung”, vielleicht gegenüber dem Wandel? Haben sich härtere oder weichere Fronten entwickelt, vielleicht zwischen dem “wofür wir immer standen” und dem, “worauf wir jetzt achten müssen (Marge)”?
- Wie klar, fokussiert und zügig werden Entscheidungen getroffen? Werden Dinge zerredet oder wird blind ohne Nachdenken entschieden? Wo? Von wem? Was machen diese Entscheidungsprozesse mit der Organisation?
- Wie sehen formelle und informelle Anreizsysteme aus? Werden bspw. Partikularinteressen gefördert, aber die Kommunikation “From the top” betont gebetsmühlenartig die Zusammenarbeit und das wir?
- Wie beeinflussen historische Strukturen, bspw. aus Fusionen heraus, auf informelle Weise die eigentliche Kommunikation ? Welchen Einfluss haben solche Strukturen auf Die formellen Kommunikationskanäle?
Kantor bietet uns hierzu zwei konzeptionellen Instrumente an, um diese sogennante “strukturelle Dynamik” der Kommunikation zu analysieren.
Zum einen spricht Kantor von drei Sprachen der Kommunikation: Die Sprache der Emotionen, Sprache der Bedeutung und Sprache der Macht. Ein Dialog in dem – unerkannt – jeder eine andere Sprache spricht wird sich selbst fragmentieren und wird scheitern. Lernt das Team dagegen, die Sprachen zu erkennen und bewusst einzusetzen, dann entsteht eine neue Tiefe und Qualität in der Kommunkation. Alle drei Sprachen sind gut und notwendig.
Zum anderen beschreibt Kantor unterschiedliche Präferenzen für die Kommunikation und Entscheidungsfindung in Organisationen. Er spricht von offenen, geschlossenen und zufälligen (inkonsistenten) Paradigmen.
Im offenen Paradigma verhandeln Organisationen offen individuelle Bedürftnisse und versuchen diese mit denen der Organisation zu synchronisieren. Diese Organisationen sind davon überzeugt, dass aus der Partizipation mehr Motivation für und Bindung an die Organisation entsteht.
Im geschlossenen Paradigma steht die Organisation a-priori im Vordergrund. Das kann die traditionelle, hierarchische Organisation sein. Wenn das Führungsteam eines Unternehmens von oben “mehr Fokus auf Ertrag und Marge” anordnet, dann zeigt das aber auch Aspekte des geschlossenen Paradigmas.
Im zufälligen Paradigma sind Organisationen dazwischen, oft nicht stabil und inkonsistent.
Wie auch für die Sprachen, gibt es für die Paradigmen kein “gut” oder “schlecht”. Bewusst gestaltete Strukturen, Entscheidungs und Kommunikationsprozesse, die funktionieren und dem Team eine gewisse Verlässlichkeit bieten, ohne sie zu paralysieren sind anzustreben.
5️⃣ Kunst der Kommunikation – wie könnt ihr dies als Führungskraft und Team bewusst gestalten?
Im nächsten und finalen Schritt der Entwicklung einer funktionalen Kommunikation in Deinem Team oder Unternehmen geht es darum, die Kommunikation bewusst zu gestalten. Es geht darum, die Lerninhalte aus den bisherigen Schritten zu verankern und mit viel Authenzität, Geduld und Disziplin der Organisation vorzuleben. Es geht darum Tabus und Glaubenssätze zu bearbeiten, gute Strukturen formeller und informeller Kommunikation aufzusetzen und weiterzuentwickeln.
Dieser Prozess braucht Zeit, Ruhe und Geduld. Und zahlt sich meist mehr als aus.
Isaacs bietet auch für diese Phase der Entwicklung, der Gestaltung und Veränderung ein nützliches Tool an. Er beschreibt die Maturität der Organisation oder des Teams anhand von zwei Dimensionen:
- Das Primat des Ganzen (Organisation) vs. der Teile (Individuen, Seilschaften, …)
- Der Umgang und die Art Reflektion: von Vorwurfsvoll/Nicht-Reflektierend zu Selbstreflektierend
Organisationen und Teams können sich nun in vier Schritten entwickeln:
- Im Status der “Höflichkeit” (Politeness) liegt formal der Fokus auf dem Ganzen, Kommunikation hat die Form “geteilter Monologe”, unterschwellig gibt es Vorwürfe, insgesamt wenig Vertrauen und viel Fahren auf eingefahrenen, sicheren Schienen. Primat des Ganzen, Vorwurfsvoller, nicht-reflektierender Umgang.
- Im nächsten Status, dem der “Auflösung” (Breakdown) kommen Individuen (oder Teams, Gruppen) in den Blick. Die Kommunikation wird intensiver, teilweise schärfer aber klarer. Mehr Primat der Teile, bei ähnlichem Umgang.
- Drittens entsteht aus einem gut geführten zweiten Status mehr und mehr Verständnis, mehr Zuhören, mehr Offenheit: Also: mehr Vertrauen. Die Dialoge werden intensiver, forschender, reflektierender. Isaacs nennt dies den Status der “Tieferen Analyse” (Inquiry)
- Schließlich entsteht aus dem dritten Status etwas Neues, etwas anzustrebendes, was Isaacs ein Status des “Flusses” (Flows) nennt.
Je nachdem, in welchem dieser 4 Stati sich die Organisation befindet, können und müssen Führungskräfte (und Coaches) den Prozess anders begleiten und fördern. Im Status der Höflichkeit beispielsweise geht es darum Rahmen und Zielsetzungen zu klären, den sicheren Raum zu schaffen (Schritt 1) und tatsächlich den Mut zu haben, die Auflösung bewusst herbeizuführen.
Und wie geht es jetzt weiter?
Gelungene Kommunikation darf offen, tief, intensiv, gerne auch kontrovers und emotional sein. Gute Kommunikation ist Bindemittel und Treibstoff zugleich. Gute Kommunikation ist zentral für den langfristigen Erfolg von dir und deinem Team.
Gute Kommunikation im Unternehmen zu schaffen ist die zentrale Grundlage des kurz und langfristigen Erfolgs, ist zwingend notwendig im vielzitierten VUCA-Umfeld. Sie zu schaffen ist nicht trivial und zentrale Führungsaufgabe.
Was sind Deine Erfahrungen mit gelungener oder gescheiterter Kommunikation im Team? Worauf kommt es wirklich an? Was beschäftigt Dich? Wie wie gestaltet Ihr Kommunkation? Welche Tabus und Glaubenssätze beeinflussen Euch? Welche strukturellen Hürden? Wie gehst Du vor, die Kommunikation in Deiner Organisation zu verbessern?
Wir hoffen, dass wir mit unseren Überlegungen Dir und Euch ein paar Ansätze aufzeigen konnten, wie Ihr den Weg zu einer besseren Kommunikation strukturiert und erfolgreich gehen könnt.
Gerne unterstützen wir Euch. Vielleicht braucht es nur ein paar Gedankenanstöße oder ein Training. Vielleicht können wir Euch auch anleiten, Euren Weg zu mehr Ruhe, mehr Vertrauen, mehr Sicherheit, besserem Dialog und tollen Ergebnissen begleiten.
Lass uns zu Eurer Kommunikation kommunizieren! Meldet Euch!